Cannstatter Volksfest – Landwirtschaft und Erntedank – das vergessene Herz des Cannstatter Wasens – Wenn Felder feiern: Der Ursprung liegt in Ackerbau und Viehzucht

Landwirtschaft und Erntedank: Erfahre, wie die Bauern das Herz des Cannstatter Volksfests prägten und warum die Fruchtsäule bis heute Symbol des Wasens ist.
Das Cannstatter Volksfest ist heute ein riesiges Volksfest mit Bierzelten, Fahrgeschäften und Millionen von Besuchern. Doch ursprünglich stand hier etwas völlig anderes im Mittelpunkt: die Landwirtschaft. Ohne Bauern, Felder und Ernte gäbe es den Wasen in seiner heutigen Form gar nicht.

Als König Wilhelm I. und Königin Katharina im Jahr 1818 das erste Fest veranstalten ließen, war es mehr als ein geselliges Vergnügen. Es war ein Erntedankfest, das die Arbeit der Landwirte würdigen sollte. Auf dem Cannstatter Wasen wurde gezeigt, was der Boden hergab und wie der Fortschritt in der Landwirtschaft aussah.

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Die Landwirtschaftsausstellung – Stolz und Schaufenster

Besonders wichtig war die landwirtschaftliche Leistungsschau, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein fester Bestandteil des Wasens, dem Cannstatter Volksfest, war. Bauern aus ganz Württemberg reisten an, um ihr Vieh zu präsentieren: prachtvolle Kühe, Pferde, Schafe und Schweine. Aber auch neue Saatgutsorten, Ackergeräte und landwirtschaftliche Maschinen wurden ausgestellt.

Damit war der Wasen nicht nur ein Fest, sondern auch eine Art Messe für Innovation und Austausch. Hier traf Tradition auf Fortschritt: Landwirte konnten voneinander lernen, neue Techniken kennenlernen und sich inspirieren lassen.

Das bedeutete für viele Familien auch Anerkennung: Wer ein besonders kräftiges Pferd oder die schönsten Früchte präsentieren konnte, genoss Ansehen im ganzen Land.

Erntedank – Dankbarkeit in Zeiten der Entbehrung

Die enge Verbindung zum Erntedankfest ist kein Zufall. Nach den Hungerjahren, die Europa nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815 heimsuchten, war jede gute Ernte ein Grund zur Freude. Das Fest sollte die Dankbarkeit für die Früchte der Felder ausdrücken und den Menschen Hoffnung geben.

Das Erntedankfest auf dem Wasen hatte daher auch eine spirituelle Dimension: Man feierte nicht nur die Früchte der Arbeit, sondern auch das Geschenk der Natur. Das gemeinsame Feiern stärkte den Zusammenhalt der Bevölkerung – Stadt und Land rückten zusammen.

Die Fruchtsäule – Symbol des Erntedanks

Ein besonders starkes Zeichen dieser Wurzeln ist die Fruchtsäule. Sie wurde erstmals 1818 errichtet und ist bis heute das Wahrzeichen des Cannstatter Volksfests.

Die Säule wird jedes Jahr mit Gemüse, Obst, Getreide und Blumen geschmückt – ein Sinnbild für die Fülle der Ernte. Sie erinnert an die Idee, die Königin Katharina und König Wilhelm hatten: Dankbarkeit, Gemeinschaft und Stolz auf die Landwirtschaft.

Viele Besucher sehen die Fruchtsäule heute als Fotomotiv, doch ihre Bedeutung geht weit darüber hinaus. Sie ist das stille Herz des Wasens, das auf die landwirtschaftlichen Ursprünge verweist.

Vom Feld zum Festzelt – der Wandel der Landwirtschaft im Wasen

Mit der Zeit veränderte sich der Wasen: Fahrgeschäfte, Schausteller und Wirte prägten das Bild immer stärker. Die landwirtschaftliche Ausstellung wurde seltener und verlagerte sich schließlich in ein eigenes Format – das Landwirtschaftliche Hauptfest (LWH), das heute alle vier Jahre parallel zum Cannstatter Volksfest auf dem Wasen ausgerichtet wird.

Auch wenn die Felder und Tiere nicht mehr jedes Jahr auf dem Volksfest zu sehen sind, lebt die Idee weiter: Im Volksfestumzug zeigen geschmückte Erntewagen, Traktoren und Handwerksberufe die enge Verbindung von Landwirtschaft und Erntedank.

Erntedank heute – mehr als Nostalgie

Im modernen Stuttgart wirkt das Erntedankfest vielleicht wie ein Relikt aus der Vergangenheit. Doch gerade in Zeiten von Klimakrise, Nachhaltigkeit und Regionalität bekommt es neue Bedeutung.

  • Der Wasen erinnert daran, wie wichtig Landwirtschaft für das Leben aller Menschen ist.
  • Erntedank zeigt, dass man nicht alles als selbstverständlich nehmen darf.
  • Regionale Produkte, schwäbische Spezialitäten und traditionelle Handwerkskunst schlagen Brücken von der Vergangenheit in die Gegenwart.

So verbindet der Wasen Tradition und Moderne: zwischen Party im Bierzelt und stillem Blick auf die Fruchtsäule liegt eine Geschichte, die man nicht vergessen sollte.


Termine & Öffnungszeiten Cannstatter Volksfest 2025 (178. Wasen)

📍 Ort: Cannstatter Wasen, Stuttgart-Bad Cannstatt
📅 Termin: 26. September bis 12. Oktober 2025
🕐 Öffnungszeiten:

  • Montag – Donnerstag: 12:00 – 23:00 Uhr
  • Freitag: 12:00 – 24:00 Uhr
  • Samstag: 11:00 – 24:00 Uhr
  • Sonntag & Feiertage: 11:00 – 23:00 Uhr

👉 Besonderheiten: Am Eröffnungstag (26. September) offizieller Fassanstich. Großer Volksfestumzug am ersten Sonntag.

Von Jessica

Hi, ich bin – Redakteurin, Glitzersammlerin, Achterbahn-Fan und kulturverliebte Geschichtenjägerin. Schon als Kind habe ich es geliebt, über Jahrmärkte zu schlendern, Zuckerwatte in der einen und ein Los mit Nieten in der anderen Hand. Heute schreibe ich für Volksfestwelt über alles, was das Leben bunter, lauter und irgendwie magischer macht. Mein erster Karneval war nicht in Köln, sondern 2011 beim Karneval der Kulturen in Berlin – zwei Wochen, nachdem ich in die Stadt gezogen war. Ich war überwältigt. Von der Vielfalt, der Lebensfreude, den Farben, den Geschichten. Seitdem ist meine Leidenschaft für Volksfeste, Bräuche und die kleinen, charmanten Eigenheiten regionaler Kultur nur noch gewachsen. Ob ich nun in Rottweil die Fasnet-Masken bestaune, in Mainz Konfetti sammle oder in Südfrankreich bei einem Winzerfest tanze – ich bin gerne mittendrin. Und ich nehme dich mit. In meinen Artikeln erzähle ich dir von Traditionen mit Herz, kuriosen Bräuchen, warmen Begegnungen und manchmal auch von Dingen, die ich kritisch hinterfrage. Immer ehrlich, immer mit Neugier – und nie ohne ein bisschen Staunen. Was mich ausmacht? Ich liebe es, Menschen zu begegnen, die ihre Heimat, ihre Kultur und ihre Feste feiern – egal ob mit Kuhglocke oder Currywurst. Ich frage nach, schaue hinter die Kulissen und schreibe so, dass du Lust bekommst, selbst loszuziehen. Mein Lieblingsplatz auf dem Volksfest? Zwischen Lichterketten, Riesenrad und einer alten Drehorgel. Mein Motto: Kultur beginnt da, wo Menschen gemeinsam feiern.